Multifunktionales Forum mit überregionaler Ausstrahlung, Verbesserung weicher Standortfaktoren für Investoren aus der Wirtschaft, Ausbau des Dienstleistungssektors als strukturpolitischer Entwicklungsschwerpunkt: Diese und andere (ge)wichtige Worte waren zu hören, als am 9. November 1996 das mit Fördermitteln des Landes NRW neu gestaltete Kulturhaus Lÿz eröffnet wurde. Ein schmuckes Glasfoyer ziert seitdem die Südseite des Hauses. Mit dem Bistro Lÿz zog eine Gastronomie ein, doch „Star“ der Neuerungen war zweifellos die mit modernster Technik ausgestattete Bühne des Schauplatzes, die mit ihren fast 300 Sitzplätzen und einem großen Regieraum alle Möglichkeiten bot und noch am selben Abend vom Jazzclub Oase mit einer „American Jazz Night“ eröffnet wurde. Inzwischen ist das Lÿz mit ca. 40.000 Besuchern und fast 200 Veranstaltungen pro Spielzeit längst eine der größten Spielstätten Südwestfalens.
Erst zwei Jahre später übernimmt mit Direktor Breuer erstmals ein akademisch ausgebildeter Lehrer die Leitung des Gymnasiums. Unter seiner strengen Ägide erhält die Schule 1894 die Anerkennung als Höhere Mädchenschule, 1910 sogar als Lyzeum, womit die Angleichung an die Höhere Knabenschule verbunden ist. In diesem Jahr wird der Gründerzeitbau wegen der weiter steigenden Zahl an höheren Töchtern erstmalig durch einen Anbau erweitert. 1911 erfolgt die bis heute prägende Namensänderung in Lyzeum auch offiziell. Nach Ende des Ersten Weltkriegs steigt die Zahl der Schülerinnen weiter und erreicht 1928 mit 544 Mädchen ihren vorläufigen Höhepunkt.
Doch schon im Februar 1945 wird die Schule bei einem weiteren Bombardement fast völlig zerstört. Aula und Turnhalle werden stark beschädigt, Musiksaal und Handarbeitszimmer sind vernichtet. Das Dachgeschoss wird von Brandbomben getroffen und brennt völlig aus, die dort untergebrachten Hauswirtschaftseinrichtungen sind zerstört. Bis 1947 wird das Gebäude notdürftig und provisorisch wieder aufgebaut und durch das Jungengymnasium genutzt. Die Mädchen werden in diesen Jahren in der Gilbergschule und in der Marktschule in Eiserfeld unterrichtet, bevor sie 1947 in ihr Stammhaus in der St.-Johann-Straße zurückkehren. In den nächsten Jahren kann parallel zum Wiederaufbau ein normalisierter und geregelter Schulbetrieb etabliert werden.
Bis zur Eröffnung der Siegener Stadtbühne 1955 erlebt das Lyzeum eine erste kulturelle Blütezeit. Unter anderem gastieren mit dem „Düsseldorfer Kommödchen“ und „Die Zeitberichter“ namhafte Theaterproduktionen in der Aula. Im Jahr 1969 erreicht die studentische 68er-Bewegung die Schule. Die Mädchen fordern ein demokratisches Schulsystem und mehr pädagogische Leistungen. Der Streik greift auf das nahe gelegene Jungengymnasium über und gipfelt kurz darauf in der Besetzung der Aula der Ingenieurschule für Maschinenwesen und dem Rücktritt der Oberstudiendirektorin Ursula Erfurt.
Als 1989 das Kultur!Büro. einzieht, werden die kulturellen Wurzeln des Gründerzeitbaus neu belebt. Drei Jahre später nutzen die Kabarettisten „Die Widerha(r)ken“ das Lÿz als Probenort und 1993 feiert hier das LÿzMixVarieté Premiere und steht seitdem monatlich und fast immer ausverkauft auf der Bühne des Kleinen Theaters. 1993/94 entsteht erstmals ein Spielplan, ein handlicher Folder, der immerhin fünf Programme mit 40 Spielterminen aufführt und den Beginn der neuen kulturellen Zeitrechnung in der St.-Johann-Str. 18 markiert.
Schließlich wird Ende 1996, als eine Landesförderung des Wirtschaftsministeriums dem Gebäude erneut „bauliche Beine“ macht, aus dem „Kleinen Theater im alten Lyzeum“ das „Medien- und Kulturhaus Lÿz“. An seine neuen Grenzen stößt das Haus im Sommer 1999, als fast 40.000 Besucher zu einer Weltpremiere in die St.-Johann-Straße pilgern: In der Ausstellung Paul McCartney Paintings stellt der berühmte Ex-Beatle erstmals sein malerisches Œvre vor.
Ob Dieter Hildebrandt, Dieter Nuhr, Horst Schroth, Michael Mittermaier, Hagen Rether oder Volker Pispers: Seit über 10 Jahren gibt sich im Lÿz die deutsche Kabarettelite die Klinke in die Hand. Daneben sorgen der Jazzclub Oase mit Konzerten, der Filmklub Kurbelkiste mit einem ausgesuchten Programmkino, die Reihe Kultur4You mit Kinder- und Jugendtheater, regionale Theaterproduktionen und Experimental-Theater, die literarische Reihe LÿzLit sowie zahlreiche Tanz-, Gesang- und Jonglageworkshops für kulturelle Vielfalt in der ehemaligen Städtischen Höheren Mädchenschule zu Siegen.





